Der Begriff MINDERMENGE bei der Ausbildung zum Cold Case Spürhund

Der Begriff „Mindermenge“ kommt bei der Ausbildung zum Cold Case Spürhund nicht vor. Im Gegensatz zum amerikanischen Human Remain Detection Dog, HRD K9, ist bei der deutschen Spürarbeit, besonders in der Zusammenarbeit mit Polizeibehörden, wichtig, alle Spuren möglichst aufzufinden. Bei HRD geht es in dieser Beziehung in der Tat nur um das Auffinden der Körper, kleinere Körperteile zu finden wird eher dem Zufall überlassen. 

Aus diesem Grund beschäftigen wir uns in der Ausbildung nur mit Mengen, die entsprechend der Vorgaben des deutschen Ethikrates als vertretbar gelten. Ein 80 Jahre alter Oberschenkelknochen wiegt in etwa so viel, wie ein 10 Jahre alter Unterkiefer, für die Ausbildung vollkommen egal. Menschliches Gewebe verwenden wir in der Ausbildung, um den Hunden ein breitgefächertes Angebot von Gerüchen zu machen, in diesem Fall das Angebot, die 5 Ester kennenzulernen, die den Unterschied zwischen menschlichem Kadaver und tierischem Kadaver machen. Zur Erinnerung: Bei ca. 450 verschiedenen chemischen Vorgängen, die bei der Autolyse passieren, sind nur 5..eben die genannten Ester, nur dem Menschen „vorbehalten“. 

Aus rechtlichen Gründen verwenden wir, wenn es möglich ist, Körperteile, die von lebenden Menschen stammen. Auch hier gilt, es gibt keine Mindermenge, da es nur auf die chemische Reaktion ankommt, nicht aber um den von Menschen wahrnehmbaren Geruch. Auch wenn es subjektiv so ist, dass eine größere Menge eine größere Herausforderung darstellt, stimmt dies in keinster Weise. Objektiv betrachtet ist es für unsere Hunde, die ja in regelmäßigem Training stehen, gleichgültig, wieviel sie suchen. 
Anders sieht es natürlich aus, wenn man die Hunde bei dem Seminar „Rettungshundearbeit im Leichengeruch“ sieht. Diese Hunde kennen nicht die Wirkung der chemischen Reaktionen auf ihre olfaktorische Wahrnehmung, weswegen es zu Meideverhalten kommen kann, bzw. weswegen es zu Problemen bei der Anzeige kommen kann.

Unser Training und die Seminare sind nicht zu vergleichen und Erkenntnisse aus dem Seminar können nicht zur Begründung von unterschiedlichen Verhaltensweisen herangezogen werden. 
Im Vergleich Archäologie Spürhund / Cold Case Spürhund sieht es wiederum komplett anders aus. Beides ist eng miteinander verwandt, ja, es ist sogar zu 90 % eine identische Arbeit. 
Der einzige Unterschied, aus hundlicher Sicht, besteht darin, dass das Reizobjekt für den Hund bei Cold Case in der Regel sowohl aus chemischer Reaktion und Bakterium besteht, beim Archäologie Spürhund nur aus Bakterien weil die chemischen Reaktionen nach einer gewissen Zeit (Zeitraum unbekannt) nachlassen und schlußendlich aufhören. 
Bakterien setzen sich auf den Knochen fest. Da Bakterien Tiere sind, müssen sie sich von irgendetwas ernähren, in diesem Fall von den Bestandteilen der Knochen. Ernährung setzt Stoffwechsel voraus, Stoffwechsel läßt Gase entstehen, Gase steigen durch sogenannte Kapillare an die Erdoberfläche und werden von den Hunden wahrgenommen, es kommt zur Anzeige. 
Dennoch ist es wichtig, auch mit „Nur Cold Case Hunden“ Archäologie zu trainieren, es wäre fatal, nur auf chemische Reaktionen auszubilden und die Bakterien zu vergessen bzw. zu vernachlässigen. 

Polizeileutnant Konrad Most hat bereits 1913 in seinem Buch „Der Schutzhund“ geschrieben: Der Hund macht nur das, was er kennt. 

Und bevor jemand auf den unseligen Gedanken kommt, die Bakterienarbeit mit Mantrailing zu vergleichen….vergesst es ganz schnell, verbannt es aus euren Gehirnen.